Die Ziegelei war eine bedeutende Fabrik und ein großer Arbeitgeber in Jockgrim. „Die hän zwelfhunnert Mann ghat und zuletscht sechs Werke“, erinnert sich ein Arbeiter.
Das Erfolgsgeheimnis des Betriebes Ludowici war die besondere Qualität des Tons, die Aufbereitung durch die eigene Berieselungsanlage und die Fähigkeit, jede Art Dachziegel herzustellen. “Wenn enner Geld ghat hot, hot er ach Zichle für d`Entlüftungsrohre griescht un was es alles gewe hot. Des war schun ä Plus vum Ludowici.“ Ein anderer ehemaliger Ziegeleiarbeiter berichtet: „Unser Ton war auch am dichtesten. Ludowici hot drauße so ä Berieselungsanlage stä ghat, do sin die Zichle eingedeckt worre un dachelang un manchmol noch länger berieselt worre, um de Ton zu prife, wesche de Durschlässischkeit vun de Feichtischkeit.“
Die Fabrik bot Arbeit für viele, bedeutete aber auch wirtschaftliche Abhängigkeit. „Wer nicht parierte, flog aus der Firma. Entlassungen waren an der Tagesordnung“. Kündigungsschutz gab es lange Zeit nicht.
Es war also nicht alles gut. Wer sich aber gut anstellte und sich einfügen konnte, für den gab es Chancen, sich etwas aufzubauen. Viele fleißige Arbeiter und Ingenieure wurden benötigt. Die Arbeit war begehrt und Arbeiter kamen von überall her. Sie kamen zu Fuß oder mit dem Fahrrad in die „Fawerick“. Wer weiter weg wohnte und nur das Wochenende zu Hause verbrachte, musste montags teilweise schon kurz nach Mitternacht los und nach der harten Arbeitswoche dann den gleichen Weg wieder zurück. Einer der Arbeiter, so wurde berichtet, „kam sogar von Silz“. Auf de Frage, was er gerade macht, erzählt der „Silzer“ Simon im Stück „Käpplerin un Kalkmännel“: „Schaffe, sieht ma doch! Mondach bis Samsdach. Am Samsdachowid läf ich häm zu meine Eltre un am Sunndachmittach widder her.“
Gebraucht wurden nahezu alle Berufe: Schreiner, Maurer, Schlosser, Elektriker, Ziegler, Kfz-Mechaniker, Schmiede, Dreher, Industriekaufleute oder Formenbauer. Und natürlich die Arbeiterinnen und Arbeiter, die die Pressen bedienten die Ziegel im Werk transportierten und die „Ofenleut“, die für das Brennen zuständig waren. Die meisten Berufe wurden auch als Lehrberufe in der Fabrik angeboten. Das war für die jungen Leute und die Fabrik gleichermaßen von Vorteil. Die Lehrlinge konnten etwas Sinnvolles lernen und gleichzeitig wurde für den benötigten qualifizierten Nachwuchs in der Firma gesorgt. Oft waren ganze Generationen dort beschäftigt: „Mei ganze Vorfahre hän beim Ludowici gearbeitet, mein Opa, mein Vadder un ich“.
„Mein Vater“ berichtet ein anderer, „war im Werk im Versand, im „Beigabeshop“. Dort wurden die besonderen Ziegel und das Zubehör verladen. Körperlich war die Arbeit für ihn dort nicht mehr so schwer. Vorher hat er „gekäppelt, dann war er an der Presse und später dann Schmiermax“, wie man gesagt hat: „Der Schmiermax hat die Presse abgeschmiert und die Lager geölt, wenn mal Pause war.“
Eine besondere Gruppe waren die Formenbauer, erzählte uns einer, der dort die Ausbildung gemacht hat:“Wir waren auch eine komische Abteilung. Wir sind mit den weißen Kitteln da rum marschiert. Wir, die Modelleure, sind was Besseres. Wir sind die Elite der Ziegelei, zumindest wurde uns das so vermittelt. Unser Chef hat da so eine Marotte gehabt. Jeder hatte zwei Kittel, einen zum Arbeiten, der auch mal dreckig sein durfte und einen Ausgehkittel, wenn ich in eine andere Abteilung, in die Buchhaltung oder sonst wo hingegangen bin.“
Körperlich schwer war die Arbeit als Brenner am Ofen. Die Arbeit in der Fabrik begann um sechs Uhr am Morgen. Da waren die die „Ofenleut“ schon längst da. „Die hen morchens um finfe agfange, un mittags waren se fertig. Da haben die ihr Soll erfüllt gehabt.“ Bei 45 Grad wurde geschafft und geschwitzt, mit freiem Oberkörper und blauer Arbeitshose. „Dass man im Winter von der große Hitze am Ofen von 45 oder 48 Grad rausgeht in drei Grad minus, das war schon zu bewundern, wie die da im Akkord geschafft hen“. Das war kein Zuckerschlecken und nur etwas für harte Burschen. Für den Durst wurde von der Fabrik „Lakritzwasser“ zur Verfügung gestellt. „Da standen überall so große fünf Liter Krüge, da haben die massenweise getrunken. Das hat geschmeckt wie Limonade.“
Auch für die Frauen gab es viele Arbeitsplätze, sowohl im Büro als auch im Werk, dort meistens als „Käpplerin“. Woher der Begriff „Käppler“ und „Käpplerin“ kommt, wurde uns unterschiedlich erklärt. „Des kummt, weil die all so ä rundes Käppel ufghat hän, wegen dem Staub, dass die Hoor nit dreckitt werren, bei de Männer. Mehr Käpplerinnen hän Kopftücher uf ghat.“ Ein junges Mädchen wollte nach dem ersten Arbeitstag gar nicht mehr hingehen. „Als ich des erschde mol häm kumme bin, hab ich gheilt, weil ich so dreckitt war vum Stäb“. Wahrscheinlich kommt der Name jedoch von der Firma „Keppler“, die die Wagen herstellte. „Die Zichle sin ruff kumme mit´m Uffzug en mir hän se abgnumme und hän se in de Karch gsteckt, des waren so 12 Zichle. Dann hän mer se fortfahre misse, wo se gedrickel worre sin.“ „De Einsteller hot se dann in die Ständle aus Holz geschobe zum drickle.“
Pünktlich um 12 Uhr wurde durch die laute und durchdringende Werkssirene auf dem ganzen Fabrikgelände die Mittagspause eingeläutet. „Ha, da hots geblose um Zwelfe , die Sirene, Üüüüüüü… isch losgange. Do sin se grennt, sin schun an de Pforte gstanne un sin häm gradelt.“ Eine Stunde später läutete die Sirene zum Ende der Mittagspause.
Nicht alle gingen zum Essen nach Hause. Einige haben das mitgebrachte Vesperkännchen in einem abgebrannten Brennloch gewärmt und dann am Arbeitsplatz gegessen. Es gab einen Brenner, der wollte sein Kännchen nicht gewärmt haben, weil er seinen Kaffee angeblich lieber kalt trank. Das Kännchen wurde aber einmal doch in ein Brennloch gehängt und so, sagt man in Jockgrim, wurde der Glühwein erfunden.
Die Zeiten waren hart. Es wurden vielen Überstunden gemacht, „noch und noch und fer ä Heisel gspart“, erzählt ein früherer Fabrikarbeiter. „Mittags is immer de Geschäftsfihrer kumme, als die Ziechle rar waren und hot g´frocht: Wer schafft heit owend vun um sechse bis um zehne, der kricht belegte Weck un ä Flasch Bier. Do hab ich mich immer gmeld, bloß weche dem Geld. Awwer des hot mer dann schun gmerkt, dass ma mä kriecht hot. Um zehne hots dann ach glangt“.
Viele Jockgrimer haben auch nach Schicht noch nebenbei gearbeitet. Da wurden noch „Hellschuh“ (Holzschuhe) gemacht, Felder bestellt, oder vor der Arbeit schon Spargel gestochen.
Die Ziegelei hat die Menschen und Jockgrim geprägt und für viele war die Ziegelei ihr Leben. Wurde in Jockgrim ein Kind geboren, so erzählt man sich, wurde das Neugeborene zum Dachfenster hinaus in die Höhe gehoben, damit es den Schornstein sehen konnte: „Do schaffsch du mol speter.“
PR-Gruppe Theaterprojekt Jockgrim