Wer kennt nicht Sätze wie „Die Juchend vun heit!“ oder „So was hots friher nit gewwe!“ Dabei waren auch die Kinder und Jugendlichen aus Jockgrim in den Zeiten von „Käpplerin un Kalkmännel“ wahrlich keine Unschuldslämmer und haben so manchen Streich ausgeheckt.
Ein beliebtes Ziel für Streiche, war zur damaligen Zeit das Obst und Gemüse von Jockgrimer Mitbürgern.
Ein Einwohner berichtet, dass auf einem Feld ein Birnenbaum gestanden hat, den er mit Freuden im Alter von sechs oder sieben Jahren bestiegen habe, um dort Birnen zu stibitzen. Furcht kannten sie nicht. „Mir warn jo frech un sin ganz owe naus geklettert“ erzählt er. Als der Besitzer des Birnenbaumes auftauchte mussten sie allerdings eine Stunde ruhig und regungslos im Baum verharren, bis dieser wieder verschwunden war. Eine andere Geschichte erzählt davon, wie ein böser Spargelbauer, der immer die Kinder fortjagte, von diesen einen Denkzettel erhielt: „Sparchel, bevor er rauskummt, drücks jo erscht mol so. Un do hot ma schun gsehe do is en Sparchel drunner. Un dann ham mer mol in dem Sparcheldamm den Ding uff gmacht, ham Scheiße nei gmacht un dann hammer widder zugmacht, mit so em Steckle, so unde drunner gedrückt. Und dann hammer uffgepasst. Un dann is er kumme do … un dann hot er in die Sch... glangt.“
Die Formel 1 war auch schon zur damaligen Zeit für Jungs spannend und hat zur Nachahmung animiert. So kamen ein paar Jockgrimer Buben auf die Idee, sich aus Sperrmüll Rennkisten zu bauen und damit den Törleberg runter zu fahren. Und der Sieger des Rennens sollte – was nicht wegzudenken war - bei der Siegerehrung natürlich auch einen Kranz umgehängt bekommen. Aber woher diesen Kranz nehmen? Einer der Jockgrimer Buben – ein Messdiener - wusste hier Rat. Er organisierte einen ausrangierten Kranz vom Friedhof. Nach einem der vielen Rennen bekam den Kranz ein Junge umgehängt, der vorher noch nie ein Rennen gewonnen hatte. Was die anderen nicht wussten: Dieser Junge lief stolz mit dem umgehängten Kranz nach Hause. Den Eltern bot sich folgendes Bild: „Der kummt also zu seine Eltere häm, stellt sich vor die hie mit dem Kranz: Ruhe sanft, deine Hedwig.“ Bei den Eltern des Messdieners klingelte es bald darauf an der Haustüre. Der Messdiener bekam von seinem Vater die eine oder andere Ohrfeige und den Auftrag „Du bringscht des Zeigs hie, wu des her hoscht“. So geschehen, wollte der Vater von seinem Sohn wissen, ob er wisse, warum er die Schläge bekommen habe. Der Junge zeigte sich reuig wegen der Entwendung und Zweckentfremdung des Kranzes, worauf dessen Vater meinte „Weche dem hoscht se nit kriescht. Awwer hätscht nit vorher die Bänder abschneide kinne?“.
Auch die Schule und die Lehrer waren vor den Streichen der Kinder nicht sicher. Damals wurden mit runden Holzöfen die Schulsäle geheizt. Die Öfen wurden ordentlich befeuert, sodass die glutrot wurden. Wenn man dann mit einer Wurzelbürste an dem Ofen rauf und runter fuhr, gab es Funkenflug. Dies brachte einen Jockgrimer Schüler auf eine glorreiche Idee. Er sagte zu seinen Mitschülern: „Ich bring morche ä Wurzelbürscht mit, dann mache ma Funke in de Paus.“ Was er nicht bedacht hatte war, dass vor dem Ofen noch Wurzelholz lag, das voll Harz war. Die Funken haben sich dadurch unter das Holz gelegt. Und als der Lehrer hinein kam und nur geschrien hat: „Hinsetze!“, da hat es „Wuff“ gemacht, und der ganze Holzstapel ist in die Luft geflogen. Und immer wenn diese Jockgrimer Schülertreffen haben, sagen sie: „Weescht noch was mer gschafft hän? Awwer du hoscht die Wurzelbärscht mitgebrocht“ und auch "Och des war so schee." Eine Lehrerin wurde von den Schülern nur die ‚Schnapsnas‘ genannt. Sie war nicht besonders beliebt und auch deswegen den Streichen der Kinder ausgesetzt. In dem Stück "Käpplerin un Kalkmännel" beschweren sich die Kinder über die Strafarbeiten, die sie von dieser Lehrerin schon alle aufgetragen bekommen haben. Die Kinder haben sich auf ihre Weise gerächt, sodass ein Kind zu berichten weiß: "De Fritz hot de Schnapsnas ins Waschbecke gebrunzt. Und die hots noch nit emol gmerkt!"
Angelegte Spielplätze für Kinder wie in der heutigen Zeit gab es damals nicht. Die Kinder spielten auf der Straße, in den Wiesen und Wäldern und überall, wo es was zu entdecken gab. Ein beliebter Spielplatz, wenn auch ein illegaler, war das Werksgelände der Ludowici Fabrik. Dort gab es viele Dinge, mit denen die Kinder sich damals die Zeit vertrieben. Ein Bewohner Jockgrims erzählt: "Mit dene Dachziechle häm mir uns so kläne Häusle gebaut un auch im Werk 4 mit dene Nazistä, dene Backstä. Un weider hinne im Werk 4 wo de Erdbagger wor, da hän mer „Kriegels“ gespielt, des wor jo alles net erlaubt." Dieses Kriegspiel lief dergestalt ab, dass sich die Kinder Schleudern aus Ästen und Fahrradschläuchen bauten und mit Schottersteinen die "Festungen" anderer Kinder beschossen, was nicht ganz ungefährlich war. Ein besonders guter Schütze berichtet: "dann hab ich mol dem, owwerhalb vun denne ihrm Wildgeheche am Ziechelberch sei Mütz abgschosse. Dann hän mer domit uffghört, weil des hät tödlich sei kinne."
Dass die Kinder damals nicht zimperlich miteinander umgingen zeigen die vielen Kinder- und Jugendgangs, die es damals gab. Anfang der 50er Jahre trieben zum Beispiel die „Römerbadgang“ oder die „Sitterbande“ in Jockgrim ihr Unwesen, und verletzten sich gegenseitig schon mal schwer. Sonntags wurden richtige Kämpfe ausgeführt. Mit richtigen "Bomben", da sei – so wird berichtet – auch Karbit drin gewesen. Heute käme da wahrscheinlich die Polizei. Sie haben auch mit Pfeil und Bogen aufeinander geschossen. "Äner hot mol en Pfeil in de Wade ghabt", erzählt ein Jockgrimer. Auch eine Handschleuder hatte eigentlich jeder in der Hosentasche. Man erzählt sich, im Römerbad wurde einer mal mit einem Speer getroffen, der sei ihm im Kinn stecken geblieben.
PR-Gruppe Theaterprojekt Jockgrim